Noch steht nichts fest – aber es könnte sein, dass der Ausflug des ‚Star Trek’-Universum in eine parallele Zeitlinie vorbei ist. Nachdem im Jahr 2005 CBS und Viacom sich aufgespaltet hatten, landeten die Rechte für ‚Star Trek’ eigenartigerweise bei beiden Unternehmen. Viacom bzw. dessen Filmtochter Paramount Pictures hält seitdem die Rechte an den Filmen, während CBS Television Studios das TV-Universum seitdem sein Eigen nennen kann (soll heißen, dass CBS neue Serien schaffen kann – Paramount vertreibt aber die alten Serien im Namen von CBS). Noch in der Phase wirtschaftlicher Probleme (Anfang der 2000er Jahre stand das Studio kurz vor der Pleite) entschieden sich die Oberen bei Paramount dazu, gemeinsam mit CBS ein Gesamtpaket zu schnüren und an Bad Robot, die Firma von J.J. Abrams, zu geben.
Abrams erhielt damit das Recht, ein eigenes komplettes Universum aufzubauen. Die Pläne waren ambitioniert – so sollte eine Kinofilmreihe, eine neue TV-Serie, Comics und Videospiele in dem von Fans genannten Abramsverse (offizielle Bezeichnung: Kelvin-Timeline) entstehen. Mit dem ersten neuen ‚Star Trek’-Film im Kino startete das neue Franchise im Jahr 2009 auch kommerziell erfolgreich, doch schnell geriet das Projekt ins Straucheln. Für das erste Videospiel, welches die Brücke vom ersten zum zweiten Abramsverse-Film darstellen sollte, wurde anscheinend nicht genug Geld zur Verfügung gestellt und die veraltete Grafik sowie das actionvollgepackte Spiel konnte weder Fans noch Kritiker überzeugen.
Nach ‚Star Trek Into Darkness’ (2013) ging das Abramsverse offensichtlich den Bach hinunter. Der Film kam bei den Fans katastrophal an, eine angedachte Serie entstand nie, kein einziges weiteres Videospiel erschien und über die Comicverkäufe ist wenig bekannt (auch wenn die Serie immer weiterläuft). 2013 schuf Bad Robot mit Involvierung von J.J. Abrams die Serie ‚Almost Human’ für den Sender FOX und wandte sich im TV-Bereich von CBS ab. Von allen Bad-Robot-Serien in den vergangenen fünf Jahren ist keine einzige bei CBS erschienen – dagegen sind mit NBC, Showtime und HBO diverse Plattformen und Sender in der Reihe der Bad-Robot-Vertragspartner vertreten. Im Januar 2013 kam außerdem die Ankündigung, dass J.J. Abrams der Regisseur für die lang erwartete nächste ‚Star Wars’-Episode sein würde und schied damit als kreativer Kopf für den dritten ‚Star Trek’-Film im Abramsverse aus.
Indem sich die Verantwortlichen bei Bad Robot und Paramount für Justin Lin als neuen Regisseur für den 13. Film des Franchises entschieden, stieg das Potenzial, dass ‚Star Trek’ wieder näher zu seinen Wurzeln gelangen konnte. Lin ist sein Leben lang ein ‚Star Trek’-Fan und hat mit den ‚The Fast and the Furious’-Filmen immerhin multikulturelle Visionen geschaffen, auch wenn der Actionfaktor in diesen Filmen wenig mit ‚Star Trek’ gemein hat.
Die Produktion von ‚Star Trek Beyond’ litt dann aber unter einem Problem, mit welchem viele ‚Star Trek’-Filme in den vergangenen 30 Jahren zu kämpfen hatten: Zeitknappheit. Wie Simon Pegg im Interview mit dem offiziellen ‚Star Trek’-Podcast ‚Engage’ meinte, hatten sein Ko-Drehbuchautor Doug Jung und er lächerlich wenig Zeit („We were given ridiculous deadlines!“), um das Drehbuch zu schreiben (die übrigen Abramsgang-Drehbuchschreiber Lindeloff und Orci waren schon zu anderen Projekten abgewandert – ihr altes Drehbuch wurde weggesperrt). Die Zeitknappheit ging sogar so weit, dass Regisseur Justin Lin das finale Colour-Grading erst zwei Wochen nach dem Kinostart abschloss, wie Pegg gegenüber ‚Engage’ erzählte.
Die PR-Kampagne, soweit überhaupt präsent, ging auch daneben und von dem ersten Trailer distanzierte sich Pegg, da die Vorschau wenig mit dem endgültigen Film gemein habe. Auf den Postern erschien das Wort „Beyond“ auch oft größer als „Star Trek“, was auch auf viele Fans komisch wirkte. J.J. Abrams wollte zuletzt noch Optimismus verbreiten, indem er bereits einen vierten Teil seiner Filmreihe ankündigte.
Der endgültige Film ‚Star Trek Beyond’ ist gar nicht mal so schlecht. Pegg und Jung mussten um die von Lin vorgegeben Vorgaben für Actionszenen rumschreiben – dabei konnten sie viel Trek-Feeling mit einbringen und der endgültige Film hat viele gute Hommagen an die 50 Jahre zuvor gestartete Originalserie.
Doch auch das half nicht mehr. Nach der verfehlten und sehr spärlichen Werbekampagne für den Film ging ‚Star Trek Beyond’ im Kinosommer 2016 nahezu vollständig unter. Am Ende spielte er knapp ein Viertel weniger ein als ‚Star Trek Into Darkness’ – und das bei einem vergleichbar hohen Budget.
CBS hat derweil sein eigenes ‚Star Trek’-Projekt gestartet und wird im Laufe des Jahres eine neue Trek-Serie veröffentlichen (das CBS–Paramount-Abkommen sah vor, dass Veröffentlichungen ein halbes Jahr Abstand zueinander haben müssen). Obwohl die Ästhetik sich viele Anleihen an den Abramsverse-Filmen nimmt, spielt das Produkt von Brian Fuller im ursprünglichen Trek-Universum und hat nichts mit den Kinofilmen des vergangenen Jahrzehnts zu tun. Auch wenn die Produktion der neuen Serie mit einigen Fehlschlägen zu kämpfen hatte (mehrere Verschiebungen, Fuller stieg aus, Nebendarsteller werden weiterhin zu Hauptdarstellern umbesetzt), ist sie bereits jetzt ein finanzieller Erfolg, da Netflix sich in allen Ländern jenseits von Nordamerika die Rechte gesichert und dafür ordentlich bezahlt hat.
Ob es mit den Abramsverse-Kinofilmen überhaupt weitergeht hängt derweil von Paramount ab. Da das Studio jenseits von ‚Transformer’ kaum eigene erfolgreich laufende Franchises hat, macht das Studio erneut eine schwere Zeit durch. In den Jahren 2016 und 2017 rechnen Branchenexperten damit, dass Paramount circa eine halbe Milliarde US-Dollar Verluste einfährt. Mit ‚Ben Hur’, ‚Allied’, ‚Zoolander 2’ und ‚Teenage Mutant Ninja Turtles 2’ hatte Paramount gleich vier Filme für den Titel „Box Office Bomb 2016“ im Rennen. Mit ‚Ghost in the Shell’ startete das Kinojahr 2017 auch wenig erfolgreich. Wenn das Studio dieses Jahr überlebt, wird die Frage sein, wie die zukünftige Strategie aussieht. Theoretisch müsste ‚Star Trek’ mit seiner 40-jährigen Kinofilmgeschichte da große Chancen haben – doch noch ist wenig bekannt.
Ob ‚Star Trek 14’ kommt, steht somit in den Sternen. Die Vertragsgrundlage dafür ist auch dünn: Lediglich Chris Pine und Zachary Quinto haben Verträge, die über ‚Star Trek Beyond’ hinausgehen, Karl Urban wollte schon zu dem vergangenen Film nicht zurückkehren und Anton Yelchin ist im vergangenen Jahr auf tragische Weise umgekommen. Die Gesamtcrew wird nicht mehr zusammenkommen und ob es überhaupt für das Kerntrio aus Spock, Pille und Kirk reicht, wird sich zeigen.
Mit Gerüchten, dass Nicholas Meyer in ein ‚Star Trek’-Projekt involviert ist, welches keine Serie und kein Videospiel ist, zeigt CBS vielleicht schon die Zukunft auf: Mit Serien und Filmen auf der Basis eines TV-Budgets für Online-Plattformen und Fernsehsender. Damit wäre ‚Star Trek’ auch dort, wo es hingehört: Im Fernsehen. Simon Pegg hatte nach dem Misserfolg des von ihm geschriebenen Films auch gesagt, dass ‚Star Trek’ dorthin gehört.
Zum möglichen Ende des Abramsverses kann man sich aber auch nochmal an die guten Seiten zurückerinnern: Visuell überzeugten alle drei Filme des Franchises – die Spezialeffekte waren auch fast durchweg grandios. Die Scores zu den Filmen von Michael Giacchino sind auch sehr gut (der zu ‚Star Trek 11’ und ‚Star Trek Beyond’ dabei deutlich besser als der Film in der Mitte). Das Juwel des Abramsverses ist und bleibt aber der Score von Chad Seiter zu dem einzigen Videospiel, welches das Franchise produzierte: ‚Star Trek – The Video Game’. Ein flotter und lauter Score, den man immer wieder hören kann und ganz eindeutig ein Moment im Abramsverse, in welchem der Schüler den Meister übertrifft.